„Israels Fahne ist […] die wohl eindeutigste Bekundung eines konkreten Antifaschismus“ – Ralf Schröder / Sören Pünjer
In zahllosen Diskussionen schien für die einfachsten Gemüter in meinem politischen Dunstkreis immer klar, dass die einzige Symbolik, die nicht für deutsche FaschistInnen vereinnahmbar sein könne, die des Staates Israels sei. Und auch als meine DiskussionspartnerInnen immer mehr von Argumenten zu Provokationen übergingen und sich am Ende als KrititikerInnen meiner Zusammenhänge verstanden, blieb dieser irrationale Glaube bestehen. Auch dass Le Pens Front National manchmal die Fahne Israels zeigte, konnte sie nicht beirren, denn das waren ja keine Deutschen. Ob die Seite hxxp://nasofi.blogspot.com/ („Nationale Sozialisten für Israel“) sie irritiert?
Manche äußerten spontan, es könne sich um einen Witz oder eine Satire handeln. Vielleicht. Ist aber eigentlich egal. Denn den deutschen Faschismus hat immer ausgezeichnet, dass er Symbole mit emanzipatorischem oder vermeintlich emanzipatorischem Inhalt verwendete und vereinnahmte. Der Durchschnittsfaschist war immer einer, der sich die Welt nach einfachen Gesetzen, mit einer Flickenteppich-Ideologie interessanter Ideen erklärte. So gelingt es manchen Nazis, von Solidarität, Klassenkampf und Volksgemeinschaft in einem Satz zu schwafeln, ohne zu erkennen, dass das Letztere die zynische Antwort des Unmenschen auf die ersten beiden ist. Dass die Völkischen auf die Idee kommen, dass auch das jüdische Volk seinen Platz in einer völkischen Welt haben sollte, ist nicht verwunderlich. Seltsam ist, dass es so lange dauert, bis die ersten Nazis* mit Israelfahnen herumwedeln. Gerade das Widersprüchliche macht doch für die neue Generation der NationalsozialistInnen wieder den Reiz aus. Die NS-Bewegung ist wieder experimentierfreudig und gewinnt somit potentiell auch an Stärke. Für die Nazis wird die eine Gruppe, die keinen Antisemitismus predigt, die gleiche Funktion erfüllen, wie für die Männerbünde die einzige Verbindung, die Frauen aufnimmt. Man wird sagen: „Es sind nicht alle so“. Gleichzeitig versuchen Nazis auf allen Ebenen ein stereotypes Bild von ihren GegnerInnen zu zeichnen, neben dem sie im Vergleich progressiv erscheinen.
Langfristig wirkungsvoll kann dieser Entwicklung meiner Meinung nach nur begegnet werden, wenn die Linke wieder mehr auf Vermittlung von Inhalten und eine klassenkämpferische Praxis Wert legt, anstatt auf reine Symbolik und inhaltsleere Rituale.
*Je nach Standpunkt mag das für den einen oder die andere schon in der Vergangenheit liegen